In Mexiko-Stadt haben Hunderte von Bewohnern von der Erdbebenhilfe profitiert, ohne ein Anrecht darauf zu haben. Beobachter warnen zudem vor dem Missbrauch von Spendengeldern aus dem In- und Ausland.
Nach dem schweren Erdbeben vom 19. September ist es in Mexiko-Stadt zu Betrugsfällen bei Hilfeleistungen für Betroffene gekommen. Nach Angaben von Bürgermeister Miguel Ángel Mancera haben Hunderte von Personen einen Check von der Stadt erhalten, obwohl sie keinen Anspruch auf Unterstützung haben.
Das Konzept der Stadt sieht vor, dass jene, die wegen des Erdbebens vorübergehend in Notunterkünften übernachten müssen, einen Geldbetrag zur Deckung der Mietkosten erhalten. Den Betroffenen steht eine monatliche Hilfeleistung von 3000 Pesos (umgerechnet etwa 155 Franken) während dreier Monate zu. Die Dauer der Unterstützung könne bei Bedarf verlängert werden, liessen die Behörden wissen.
Bisher hat die Stadtverwaltung knapp über 20 000 Checks ausgestellt, rund 13 500 wurden überprüft. Die entsprechenden Kontrollen indes wurden erst nach der Zustellung der Gutschriften durchgeführt. Bis anhin entdeckten die zuständigen Behörden bei knapp 2100 Fällen Unregelmässigkeiten. Im Zentrum stehen dabei vor allem Empfänger, deren Immobilien keine Schäden aufweisen. Zudem stellte die Stadtverwaltung fest, dass einzelne Haushalte mehr als einen Check erhalten hatten. In weiteren Fällen hatten kleinere Geschäfte die Hilfeleistung der Stadt beansprucht – auch solche, deren Gebäude noch nicht fertig gebaut worden waren.
Seit der vergangenen Woche werden strenge Kontrollen durchgeführt. Die Behörden besuchen die einzelnen Adressaten der Checks, um deren tatsächlichen Bedarf an Hilfe zu überprüfen. Auch drei Wochen nach dem Beben leben in der Millionenmetropole immer noch über 900 Personen in Zeltlagern. Einige von ihnen haben sich über bürokratische Hindernisse beschwert beim Versuch, zusätzliche Unterstützung von den Behörden zu erhalten.
Was Betrüger anbelangt, hat Bürgermeister Mancera einen harten Kurs angekündigt. Die Stadtverwaltung plant, Strafanzeige zu erstatten gegen jene, die das System bewusst ausnutzen wollten. Dies sei möglicherweise nicht bei allen der Fall gewesen, die zu Unrecht einen Check erhalten hätten, erklärte Mancera. So soll es Betroffene geben, die nicht wussten, dass jemand im gleichen Haushalt die Hilfeleistung bereits beansprucht hatte. Man werde die Unregelmässigkeiten von Fall zu Fall überprüfen, sagte der Bürgermeister.
Der Generalstaatsanwalt von Mexiko-Stadt, Edmundo Garrido, wies darauf hin, dass Betrüger nebst Bussen eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren riskierten. Allfällige Ermittlungsverfahren sollen in den nächsten Tagen eingeleitet werden.
Unabhängige Beobachter warnten derweil vor Korruption bei der Verwaltung der Katastrophenhilfe. Hilfsgelder aus dem In- und Ausland könnten für politische Zwecke missbraucht werden, heisst es. Im Juli 2018 finden in Mexiko Wahlen statt. Befürchtet wird, dass ein Teil der für den Wiederaufbau bestimmten Spenden in politische Kampagnen fliesst.